Die Gärten des Redentore-Klosters
Einer der größten Gärten Venedigs liegt auf der Giudecca-Insel; er wird noch immer von den Kapuziner-Mönchen (einem Zweig des Franziskaner-Ordens) gepflegt. Siehe Post von Loredana Giacomini “Die Gärten Venedigs” – wie vor 500 Jahren.
Das Gartengebiet wird im Norden von der Absis der Redentore-Kirche und der Kirche Santa Maria degli Angeli begrenzt, dem ersten Kirchlein der Kapuziner, das gleichzeitig ihren einzigen Besitz darstellt; im Süden hingegen grenzt es an die Lagune, die sich dort mit den Inseln in Ihrer ganzen Schönheit zeigt. (Foto1,2,3)
Im Vergleich zur Vergangenheit hat sich die Anzahl der Mönche wesentlich verringert, aber sowohl der Nutzgarten als auch der Ziergarten des Klosters bestehen heute noch und beherbergen viele typisch venezianische Pflanzenarten.
Weniger Mönche bedeutet eingeschränkte Anpflanz-Möglichkeiten, wie auch eine geringere Anzahl von Produkten und eine dadurch bedingte Bodenveränderung (Foto 4).
Das riesige, wunderbare Artischockenfeld, welches bis vor wenigen Jahren exisiterte, wurde nun der verringerten Arbeitskraft angepasst. Die Artischocken, auf die wir Venezianer so stolz sind, werden überall in der Lagune angebaut; dank des Sandbodens der Inseln gehören sie zu den besten ganz Italiens. Obwohl sehr viel weniger Artischocken im Redentore-Garten angebaut werden, entwickeln sich diese durch die Großzügigkeit des Geländes stets zahlreich und sind wunderbar anzuschauen (Foto 5, 6).
Auf der Giudecca-Insel gab und gibt es auch heute noch ausgesprochen viele Gärten (häufig leider nicht zugänglich), in denen früher viele Brombeeren wuchsen; an einem der beliebtesten Festtage Venedigs, dem Redentore-Fest, wurden die Brombeeren der Menschenmenge der Venezianer und Pilger auf Traubenblättern verkauft.
Dieser Brauch ist nunmehr verschwunden und mit ihm der Brombeer-Anbau. Im Klostergarten hingegen finden wir weiterhin einige Brombeerbüsche (Foto 7, 8)
wie auch die Beeren eines wunderschönen Maulbeerbaumes (Foto 9, 10)
Der Olivenbaum, der bereits in der Mythologie in vielfältigen Bedeutungen vorkommt, darf in keinem Kloster oder Konvent fehlen, denn er ist, seit die Taube nach der Sintflut Noah einen Olivenzweig brachte, ein Symbol für Frieden und Versöhnung.
Im Redentore-Garten gibt es sogar zwei Olivengärten, welche die Mönche mit dem wertvollen Öl versorgen (Foto 11, 12).
Das Öl wird nicht mehr an die venezianischen Kirchen für die Grableuchten oder das Chrisam (das heilige Öl der Sakramente) verteilt, sondern nur für internen Gebrauch produziert.
Im Garten stehen viele Obstbäume: es gibt dort z.B. drei unterschiedliche Birnbaumarten (Abate Fetel, Williams Christ und Petersbirne) (Foto 13, 14, 15).
Es wachsen auch einige Feigenbäume (Foto 16),
ein Nussbaum, von dem früher alles verwendet wurde, auch die harte und weiche Außenschale, einige Aprikosen- und Kirschbäume , die Chinesische Dattel, eine typische und sehr beliebte Pflanze auf den Inseln der Lagune, die nur langsam in die Höhe wächst und somit Windschutz bietet (Foto 17);
sie produziert eine in Europa recht unbekannte Dattelart, im Italienischen Guggiola genannt, die im Spätherbst reift. (Foto 18).

Foto 18: einige unreife Chinesische Datteln (Guggiole auf Italienisch) mit Blättern; bei voller Reife erlangen die Früchte ein sattes Braun
(Und in Schnaps eingelegt, ist sie ausgezeichnet, was jedoch – so weit mir bekannt ist – nicht der Klostertradition entspricht…).
Und da man auch für den Winter vorsorgen sollte, wenn Obst zur Mangelware wird, haben wir einige Granatapfelbäume (Foto 19),
deren Früchte sich gut halten und sehr symbolkräftig sind (die Vielzahl der Samen weist auf Fruchtbarkeit, Reichtum und Großzügigkeit hin) auch Bäume mit Früchten für Marmelade stehen dort: unter ihnen die Kirschpflaume, auch Myrobalane genannt, die je nach Region sehr unterschiedliche Namen trägt (Foto 20, 21).

Foto 20: diese Baumart besitzt ja nach Region sehr unterschiedliche Namen wie z.B. Kirschpflaume oder Myrobalane

Foto 21: und hier die Pflaumen, die immer seltener werden, auf dem Land werden sie für Marmelade verwendet
In einem venezianischen Garten, und im Besonderen, wenn es sich um einen Klostergarten handelt, darf die Weinrebe nicht fehlen, die hier weiße oder rote Trauben in Vielfalt trägt; sie wird nicht völlig abgedeckt und geschützt, da die Vögel bei den Franziskanern als Gottes Geschöpfe gelten und man auch ihnen etwas übrig lässt…(Foto 22, 23, 24).

Foto 24: und hier das Ergebnis des fehlenden Schutzes, von den Vögeln des Hl. Franzikus sehr geschätzt…
Unter den vor Kurzem eingeführten Pflanzen befindet sich der üppige Kiwibaum, der sich sofort im Garten heimisch fühlte und sich entlang des Refektoriums von seiner besten Seite zeigt (Foto 25, 26).
Die Zypressen stehen aufgereiht und bewachen den Garten; viele weitere Bäume und Büsche haben sich sehr gut an unseren salzhaltigen Boden angepasst, wie z.B. der Pytosporum, der Euonymus oder Spindelstrauch, die Steineiche, der Zürgelbaum, der platanenblättrige Maulbeerbaum, die Linde etc.
Im Garten gibt es außerdem ein Baumexemplar, den Ginkgo (Foto 27),
der im Achtzehnten Jahrhundert in Asien entdeckt wurde, als man ihn bereits für ausgestorben hielt, und als ältester Baum der Welt gilt, da er aus der Zeit der Dinosaurier stammt.
Sein Blatt hat wegen der zweilappigen Form (Foto 28)
schon immer Gelehrte und Dichter fasziniert, unter diesen auch Goethe, der ihm ein schönes Gedicht widmete, welches er einer seiner Musen, Marianne von Willemer, schenkte.
Ich liebe es, die Bedeutung dieses zweilappigen Ginkgo-Blattes auch auf die Umgebung, in der es sich befindet, auszuweiten und somit auf die Einheit des Menschen mit der Natur oder mit Gott zu beziehen, oder auf alle Menschen auszudehnen, d.h. auf die Einheit innerhalb der Unterschiedlichkeit zwischen zwei Personen (Freunden, Verwandten, Familienangehörigen etc.) – die Einheit-Unterschiedlichkeit, die jeder von uns in den vielfältigen Beziehungen des Lebens erfährt.
Dieses Blatt besitzt jedoch auch Qualitäten, die in der Kräuterkunde, der Kosmetik und der Apotheke von Nutzen sind.
Weitere Heilpflanzen fehlen hingegen, von ihnen bleibt nur eine vage Erinnerung, obwohl sie unersetzlich waren, solange die Klosterapotheke in Betrieb war. Die Wunderblume besteht weiterhin, ihre Wurzel wurde als wichtiges Abführmittel verwendet, um “den Bauch zu entleeren” (Foto 29).
Sie wurde nicht nur so genannt, weil sich ihre Blüten gegen Abend öffnen, sondern auch weil – in Zeiten der Nicht-Hybridisierung – ihre oft natürlich melierten Blütenblätter besonders dekorativ wirken.
Ich werde ein anderes Mal von den Blumen und Rosen des Klosters erzählen und beschränke mich jetzt darauf, Gemüsesorten wie Tomate (Foto 30),
Salat, Kürbis (Foto 31),
Zucchini (Foto 32),
Aubergine, Paprika, Gurke, Radieschen und Kräuter zu erwähnen.
Ich muss gestehen, dass ich manchmal, angesichts der Ruhe und Stille dieses Ortes, der Schönheit und des Friedens, die von diesem Ort ausgehen, große Lust bekomme, dort Gärtnerin zu werden…
Loredana Giacomini
BestVeniceGuides
loredanagiacomini@gmail.com