GEMINIANO COZZI UND DIE ZWEITE VENEZIANISCHE PORZELLAN MANUFAKTUR IN CA’ REZZONICO
Okt 1, 2018berühmte Gestalten, Geschichte, Gesellschaft, Handwerk, Kultur, Kunst, Kuriositäten, Manufaktur, Porzellan, Tourismus, Traditionen, unbekanntes Venedig0 Kommentare
Heutzutage könnte man meinen, Porzellan sei altmodisch (und fast langweilig), aber Porzellan verrät gut den Geist und Geschmack in Europa im 18. Jahrhundert und zeigt viel über die Lebenswelt und die Sitten einer anderen Zeit.
Es hätte kein edles Porzellan aus Sèvres, Limoges, Capodimonte, Nymphenburg, Villeroy & Boch, Rosenthal, Hutschenreuther, kein staatliches Museum für Porzellan (Porzellanikon in Bayern in der Hohenburg an der Eger) ohne Meißen gegeben. Alles fing mit Böttger und August dem Starken in der Nähe von Dresden an (siehe Giovanni Vezzi: die dritte Porzellanmanufaktur Europas in Venedig im Ca‘ Rezzonico Palast hier).
Neben den geschmackvollen Stücken der schon erwähnten venezianischen Vezzi Manufaktur können wir auf der zweiten Etage, auf dem zweiten Piano Nobile im Cembalo Saal von Ca‘ Rezzonico noch weiteres venezianisches Porzellan bewundern und zwar viele Stücke von der hochgeschätzten Manufaktur von Geminiano Cozzi.
1757 eröffnete das aus Sachsen fliehende Ehepaar Hewelcke eine Manufaktur zuerst in Udine, dann 1761 in Venedig, wo Nathaniel Friedrich Hewelcke die Genehmigung bekam, sächsisches Porzellan herzustellen.
Der aus Modena stammende Geminiano Cozzi hatte in Venedig zusammen mit diesem Ehepaar diese Manufaktur 1761 eröffnet, leider wurde sie 1763 insolvent. Cozzi hatte sich nämlich von seiner Gesellschaft mit Hewelcke zurückgezogen – es ist nicht klar, ob er es mit Absicht gemacht hat, um die Manufaktur dann als Alleinbesitzer weiterführen zu können.
Denn ein paar Jahre später, in 1765, eröffnete Cozzi seine eigene Fabrik.

Tafelservice mit dem Villen und Bersò Thema von Geminiano Cozzi
1778 kamen auch sein Bruder Vincenzo Cozzi und Bonaventura Marinoni, der Sohn von einem der Sponsoren hinzu; 1784 zog sich Marinoni mit viel Aufsehen zurück, und 1791 verzichtete Cozzi zu Günsten des Bruders auf seinen Anteil.
Im Jahr 2016 feierte Venedig im Ca‘ Rezzonico Museum 250 Jahre der Eröffnung dieses Unternehmens ‚Geminiano Cozzi e le sue porcellane‘ und viele neue Unterlagen kamen ans Licht, obwohl man lange noch nicht alles über Cozzi’s Person und seinen Geschmack entdeckt hat.
Geminiano Cozzi stammte aus Emilien, war in Modena 1728 geboren; in Venedig 1751 arm angekommen: er hatte nur Sommer- und Winterkleidung und ganz wenig Geld dabei, wie er 1797 in seinem Testament schrieb. In diesem Testament schrieb er auch, daß sein Vater Cozza hieß, er veränderte 1751 den Namen zu Cozzi, als er in der Serenissima ankam.
Der Sitz seiner Manufaktur war in der Calle delle Due Corti, im Stadtviertel Cannaregio bei dem gleichnamigen Kanal. Sein Geschäft war zentral, auf dem Campo San Salvador. Als Marke wählte er einen roten Anker, unter Glasur, mit Gold oder in sehr wenigen Stücken mit Blau überzogen. Eine perfekte Marke für Venedig!

der rote Anker war Cozzi’s Marke
Porzellan ist eine Mischung aus Kaolin und zwei Mineralien, Feldspat und Quarz. Cozzi’s Kaolin kam aus dem Vicenza Raum, aus dem Steinbruch Tretto in der Nähe von Schio; seine zwei Mühlen waren in der Provinz von Treviso.
Seine Produktion war sehr vielfältig und themenreich, obwohl er hauptsächlich das Repertoire seiner Zeit benutzte: indianische und deutsche Blumen, Villen, chinesische Figuren, Imari und heraldische und geometrische Muster.
VILLEN UND ‚BERSO‘ THEMA‘
Ein beliebtes Thema war das Motiv der Villen und Bersò (aus dem französischem Berçeau, Strukturen mit immergrünen Buschen). Im 16. Jahrhundert hatten Venezianer begonnen, im Sommer immer mehr Zeit auf dem Festland zu verbringen; daher mussten auch ihre Villen repräsentationsreich sein, wie ihre Residenzen in der Stadt. Viel Zeit wurde in den Gärten verbracht und dieses auch von Stichen von Ricci, Zais und Zuccarelli inspiriere Thema kam auf den Tee- und Kaffeekannen immer wieder vor.

Kaffeekanne mit dem Villen und Berçeau Thema

Kaffeekanne mit dem Villen und Berçeau Thema
Diese schöne Kaffeekanne gehört zur ersten Phase der Produktion in den 60er Jahren von Cozzi. Rote oder lilafarbige Blumen sind deutlich in der Dekoration zu erkennen, dagegen in den 70 Jahren wurden neue Tafelservice ohne Blumen mit einem vereinfachten Muster hergestellt.

Tellerchen mit Berçeau und Ruinen

Tellerchen mit Architektur in den typischen grünen und braunen Tönen

Tellerchen mit Berçeau und Gebäuden, die die Antike nachbildeten

Tassen und Tellerchen, die von den Cafès in Venedig sehr gefragt waren
Auch kleine Flaschen wurden mit diesem Motiv dekoriert. Hier zum Beispiel einer Flasche, die höchst wahrscheinlich als Duftfläschchen benutzt wurde.

Duftfläschchen mit Lagunenlandschaft

kleine Terrine mit Lagunenlandschaft
THEMA MIT CHINESISCHEN FIGUREN
Chinadekorationen wie Drachen, fabelhafte Vögel mit langen Federn, Pagoden waren sehr modisch. Nach dem Schuppenmuster Meißens findet man in den ersten 10 Jahren Cozzi’s Manufaktur ‚squama blu in figure chinesi‘.

Tafelservice mit chinesischen Figuren

Teller mit unterschiedlichen Randdekorationen

Detail einer Tasse

Detail einer Tasse

Zuckerdose
BLO E ROSSO O DEL GIAPON – DAS IMARI MUSTER
Der Name Imari kommt von einem japanischen Ausfuhrhafens der Stadt Arita auf der Insel Kyushu. Zu Beginn war Imari in Europa eine Bezeichnung für jede Sorte von Dekor in blau und rot. Alle Manufakturen haben diese Dekoration für den begeisterten europäischen Markt imitiert, die in Museen und in privaten Sammlungen gut vertreten ist.

Imari Suppentasse nach der Entbindung, Rocaille in der Form, Deckel und Henkel in der Form einer Rose

Imari Tasse mit dem roten Anker als Marke
KÖNIGLICHER TAFELSERVICE 1765-70
Die schönsten Stücke, die man auch sicher datieren kann, sind diese aus der Sammlung vom Prinzen vom Piemont, einfarbig rot und gold. Die Marke ist der übliche Anker, aber nicht eisenrot, sondern gold.

Kaffeekanne und Tellerchen mit 2 Landschaften, nennenswerter Teebehälter, wo der Traubenzweig weiter bis zum Deckel läuft

Teekanne
HERALDISCHES MUSTER
Das heraldische Muster war nicht sehr geläufig, da man wenig phantasievoll das Thema variieren konnte, Cozzi musste aber für die Familien Emo, Grimani, Diedo, Cavalli die kaputtgegangenen Meißner Stücke ersetzen. Das Wappen tritt im Laufe der Zeit langsam immer weiter zurück.

Teller mit Wappen der Familie Giovanelli mit vergoldeten Blumen
GEOMETRISCHES MUSTER
‚A feston e cadena‘, mit einem Feston und einer Kette, einem Spinngewebe ähnlich mit Glyzinie in eisenrot und gold. Das Thema ist orientalischen Ursprungs, aber in Venedig kam die Glyzinie hinzu, und daher vielleicht verwendete Cozzi auch die Bezeichnung von ‚Cattena in fiori‘ (Blumenkette).

Tellerchen mit in der Mitte einer roten Blume und vergoldeten Rändern
Das Thema der Streifen, ‚Striche‘, fast abstrakt wirkend, wurde in den 80er Jahren üblich. Die Dekoration hatte sich sehr weit von den barocken Mustern der indianischen Blumen entfernt.

Tellerchen mit grünen Streifen mit einer Blume in der Mitte
Geminano Cozzi starb ohne Erben.
In Europa hat sich im 18. Jahrhundert eine neue Eß- und Tischkultur nicht nur mit Porzellan Tafelgeschirr, sondern auch Statuen durchgesetzt, die in der Dekoration der Speisetische zu besonderen Anlässen geläufig wurden. In jeder Tasse, in jedem Stück steckt viel Geschichte und eine lange Tradition. Es hätten heute keine Home Dekorationen, keine festlichen Accessoires oder zarte Schmuckstücke gegeben.
Porzellan ist zeitlos.
Fiona Giusto
BestVeniceGuides
www.venicetours.it
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