Albrecht Dürer in Venedig

Mai 21, 2019berühmte Gestalten, Geschichte, Kirchen, Kultur, Kunst, Malerei0 Kommentare

Albrecht Dürer: Selbstbildnis mit Landschaft 1498

Albrecht Dürer, Unterschrift des Malers

Albrecht Dürer unternahm zwei Reisen nach Venedig.

Im Herbst 1495 war der Anlass für seine Reise die Pest, die in Nürnberg wütete. Er wählte den üblichen Handelsweg über den Brenner und hatte die Strecke mit Aufenthalten in 30 Tagen zurückgelegt.
Aus Venedig stammen seine Kostümskizzen, er zeichnet orientalische Trachten, eine vornehme Venezianerin im kostbaren Kleid und mit üppigem Schmuck.

Eine vornehme Venezianerin

Auf dem Fischmarkt entdeckte er bis dahin nicht gesehene Meerestiere, zeichnet einen Hummer und eine riesige Krabbe.

Auch bei der zweiten Reise in 1505 war die noch  grausamere Pest der Anlass.
Wer es sich leisten konnte verließ Nürnberg, auch Dürers Freund und Gönner Willibald Pirckheimer, von dem Dürer auch das Reisegeld bekam.

Aus dem Briefwechsel mit seinen Nürnberger Freunden und hauptsächlich mit W. Pirckheimer ist mehr über Dürers zweiten Aufenthalt bekannt.
Willibald Pirckheimer stammte aus einer Nürnberger Patrizierfamilie, war Mitglied des Rates von Nürnberg, studierte in Padua und in Pavia und vermittelte Dürer die Bekanntschaft mit anderen Humanisten. Aus Nürnberg kannte er auch den Augsburger Tuchhändler und einfallsreichen Unternehmer Anton Kolb, den Verleger im Jahr 1500 der berühmten Stadtansicht Venedigs aus der Vogelperspektive, die in allen deutschen Handelshäusern hing.

Jacopo de Barbari: Venedigplan aus der Vogelschau 1500 (Holzschnitt im Correr Museum)

Er stieg im Gasthaus von Peter Pander ab, damals dem ersten am Platz, gleich neben der Bartholomäuskirche und in der Nähe vom Fontego dei Tedeschi – dem deutschen Handelshaus.

Fontego dei Tedeschi – Das deutsche Handelshaus am Rialto

Dort waren die großen Patrizierfamilien und Kaufleute aus dem deutschsprachigen Raum wie die Handelsgesellschaft der Fugger, Imhoffs, Tucher, Hirschvogel vertreten.

Die deutschen Handelsherren stifteten für ihren Altar in der Bartholomäuskirche eine Altartafel mit der Darstellung des Rosenkranzfestes und Dürer übernahm den Auftrag für ein Entgelt von 100 Gulden.

Albrecht Dürer, Das Rosenkranzfest

Im Gemälde wird die ideale Rosenkranzbruderschaft dargestellt (hatte in der Kirche auch ihren Sitz).
In der Mitte die Madonna mit einer kostbaren Krone über dem Haupt, umgeben von Engelskindern, die Rosenkränze verteilen. Auf beiden Seiten die weltlichen und die kirchlichen Stände werden der Gnade des Rosenkranzes teilhaftig.
Rechts der Kaiser Maximilian hat seine Krone ins Gras gelegt und wird persönlich von der Madonna mit Rosenkranz gesegnet, links der Papst Julius II. wird vom Jesuskind mit Rosenkranz beschenkt.
Rechts am Baum lehnend der junge blonde Mann im Pelzmantel – Albrecht Dürer, hält ein Blatt Papier mit seiner Unterschrift.
Bei der Identifizierung der anderen Darsteller sind sich die Quellen nicht einig.
Links hinter dem Papst die kniende Figur, der große venezianische Humanist und Kunstkenner Kardinal Domenico Grimani wird vom Dominikus, dem Gründer der Bruderschaft mit Rosenkranz gesegnet. Hinter ihm vielleicht Jacob Fugger, einer der Auftraggeber.
Rechts das Ehepaar wird oft mit Ulrich Fugger und seiner Frau identifiziert und der ältere Mann mit dem Zirkel in der Hand anscheinend der Augsburger Baumeister Hieronymus, der am Wiederaufbau des Fontego beteiligt war.

Das Bild erregte in Venedig ein großes Aufsehen. Im Bild waren Andacht und Lebensfreude vereint und die strahlenden Farben verliehen dem Bild einen festlichen Glanz.
Dürer, der bis dahin hauptsächlich als Stecher bekannt war wurde von allen, auch den venezianischen Malern, die ihm nicht besonders wohlgesinnt waren (G. Bellini ausgenommen), gerühmt.

Auch der Doge Leonardo Loredan lobte das Gemälde und bot sogar Dürer in Venedig zu bleiben.

Giovanni Bellini, Porträt des Dogen Leonardo Loredan

Die deutschen Kaufleute waren weniger großzügig, sein Entgelt für das Rosenkranzfest wurde auf 85 Gulden reduziert.

1606 wurde das Bild von den deutschen Kaufleuten an Rudolf II., den leidenschaftlichen Kunstsammler für 900 Gulden verkauft. Auf den ausdrücklichen Wunsch des Kaisers wurde das Gemälde in Baumwolle, Teppiche und ein wasserdichtes Wachstuch eingewickelt und von vier starken Männern bis nach Prag getragen. Dort wurde es zum Prunkstück seiner Gemäldesammlung, die laut Girolamo Soranzo, dem venezianischen Botschafter in Prag über 3000 Bilder zählte.

Kaiser Rudolf II.

Das Ende der Riesensammlung begann gleich nach dem Tode Rudolfs im Jahr 1612. Die Schatzkammer mit Gold, Silber und Juwelen im Millionenwert bekam sein Nachfolger König Matthias, Gemälde und kostbare Kunstwerke wurden nach Wien geschickt und viele dann an die europäischen Höfe verkauft.

Den Gnadenstoß versetzte der Kunstkammer 1648 die schwedische Armee, die die Prager Kleinseite plünderte und auch die Burg besetzte. Die Beute war enorm. Auf Befehl des schwedischen Generals Königsmark wurden Gemälde, antike Handschriften und Kunstwerke abtransportiert und nach Schweden gebracht. 
Dürers Gemälde aber hatten sie zurückgelassen, weil es in sehr schlechtem Zustand war. Es wurde mehrmals restauriert, zum ersten Mal wahrscheinlich schon in Venedig, die Mitte des Bildes, wo ganze Teile fehlten wurde im 19. Jh. von dem niederländischen Maler Johann Grus übermalt. Und bei dieser Restaurierung verschwand ein interessantes Detail.
In seinem Bild hatte Dürer auf dem weißen Tuch auf den Knien der Madonna eine Fliege gemalt, die im Zuschauer den Eindruck erwecken sollte, dass auf dem Bild tatsächlich eine Fliege saß. 
In der Kopie im Kunsthistorischen Museum in Wien ist sie noch zu sehen.

1782 wurde unter Franz Josef II. eine Versteigerung veranstaltet und  wertvolle Kunstwerke und Gemälde berühmter Maler für ein paar Kreuzer verkauft. Der Rest, alles was nicht für wertvoll genug gehalten wurde kam auf den Schutthaufen. Damit war das Ende der berühmten Kunstkammer endgültig besiegelt. Das Gemälde wurde später vom Abt des Prämonstratenklosters Strahov erworben, ist seit 1934 im staatlichen Besitz und in der Gemäldegalerie in Prag ausgestellt. 

Vera Polacek
BestVeniceGuides
ver.polacek@gmail.com

 

 

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