Himmelstöne: Musikinstrumente in der venezianischen Malerei, zur Zeit in den Gallerie dell’Accademia in Venedig ausgestellt

Mai 27, 2020Geschichte, Kunst, Malerei, Musik0 Kommentare

Die Wichtigkeit der Musik wird in der Kulturgeschichte, die europäische eingeschlossen, seit dem alten Griechenland nicht ausreichend erzählt.

Der Zusammenhang der Musik mit der Organisation des Universums nach Plato wird im Christentum des Mittelalters erneut aufgenommen und auf die Himmelssphären angewandt. Die Musik nimmt somit, dank der Gegenwart von Engelsfiguren, eine Mittlerposition im Übergang vom Menschen zur Gottheit ein. Ikonographisch gesprochen wird die Darstellung der Engel mit Musikinstrumenten erst im späten Mittelalter möglich.

Durch die besonders vorteilhaften Entwicklungen in der venezianischen Wirtschaft und Politik erreichte die Herstellung von Musikinstrumenten und ihre figürliche und malerische Darstellung im 14. Jahrhundert ihren Höhepunkt, als die Kirche bei Skulpturen und auf Gemälden die Darstellung von musizierenden Engeln im Paradies erlaubte.

Dies symbolisiert nicht nur den Übergang zum Göttlichen, sondern auch die Schönheit desselben. Dank der außergewöhnlichen Dichte von Druckereien in Venedig, die in keinem Verhältnis zu anderen europäischen Städten steht, sollten diese Darstellungen im Buchdruck weit verbreitet werden.

Auf Ikonen und Gemälden werden bevorzugt Themen wie die Krönung der Jungfrau Maria oder die Muttergottes mit Kind, ggf. mit Auftraggebern oder Gläubigen, dargestellt. Die dargestellten Engel halten sich anfangs vor allem in den höheren Sphären, d.h. im Himmel, auf.

Unter den zuvor erlaubten, seltenen Ausnahmen befanden sich Engel mit Trompeten, wie es – in Bezug auf das Jüngste Gericht – vom Evangelisten Johannes in der Apokalypse beschrieben wird.

In den Gallerie dell’Accademia, wo die venezianische Malerei dominiert, finden sich unzählige Beispiele von musizierenden Engeln, anfangs nur im Paradies, danach jedoch auch … auf Erden.

Musizierende Engel im 14. und 15. Jahrhundert

Im ersten Saal unseres Museums können wir die Krönung der Jungfrau Maria von PAOLO VENEZIANO (Foto 1) bewundern; das Gemälde trägt noch einen byzantinisierenden Charakter, obgleich wir die Anfänge der Perspektive vor allem in den “modernen” Geschichten von Franziskus und Klara erkennen können, den neuen Heiligen; ihre Viten werden im oberen Bereich des Polyptychons vom Maler frei dargestellt, unbelastet von der ikonographischen Tradition der Vergangenheit.

photo 1) Paolo Veneziano, detail of the central board with the Crowning of the Virgin and Angel Musicians; Paolo was active in Venice between 1333 and 1358, i.e. until a few years before his death

Foto 1) Paolo Veneziano, Ausschnitt aus der mittleren Tafel mit der Krönung der Jungfrau Maria mit musizierenden Engeln; Paolo arbeitete von 1333 bis 1358 in Venedig, d.h. bis wenige Jahre vor seinem Tod

Auf der zentralen Tafel des Polyptychons, auf der die Krönung dargestellt wird, musste Paolo jedoch der traditionellen Ikonographie und dem herkömmlichen Stil folgen: wir haben hier somit wieder den Dekorativismus und den Goldgrund; dies jedoch in der ungewöhnlichen Gegenwart von innovativen, musizierenden Engeln, von denen zwei an beiden Seiten Trommel spielen (Foto 2).

photo 2) additional detail with the three angels playing two plucked and a bowed arch instruments; a harp on the left, the beautiful psaltery also known as cittern at the centre and the only bowed instrument of the group, the lira da braccio, on the right

Foto 2) ein weiterer Ausschnitt mit drei Engeln, die zwei Zupfinstrumente und ein Streichinstrument spielen; links eine Harfe, in der Mitte ein wunderschönes trapezförmiges Psalterium, auch Kithara genannt, rechts das einzige Streichinstrument der Gruppe, die lira da braccio (etwa Armlyra)

Wenn wir im Saal weitergehen, sehen wir zwei Gemälde von CATARINO, die Krönung der Jungfrau Maria mit Engeln (Foto 3) und ein Triptychon mit einer weiteren Krönung der Jungfrau Maria in seiner Mitte (Foto 4), NICOLÒ DI PIETRO mit seiner Muttergottes mit Kind, musizierenden Engeln und Auftraggeber (Foto 5), LORENZO VENEZIANO mit seiner Vermählung der Hl. Katharina von 1358 (Foto 6) und STEFANO PLEBANUS DI SANT’AGNESE mit einer weiteren Krönung der Jungfrau Maria (Foto 7).

photo 3) Catarino: Crowning of the Virgin and Angels; detail. Catarino lived in Venice between 1362 and 1390

Foto 3) Catarino: Krönung der Jungfrau Maria mit Engeln; Ausschnitt. Catarino hielt sich in Venedig von 1362 bis 1390 auf

photo 4) Catarino: Triptych featuring the Crowning of the Virgin and Saints Lucia and Nicholas of Tolentino; central panel with the Crowning of the Virgin and Angels

Foto 4) Catarino: Triptychon der Krönung der Jungfrau Maria mit der Hl. Lucia und dem Hl. Nicola da Tolentino

photo 5) Nicolò di Pietro, documented in Venice between 1394 and 1427; Madonna on a Throne and Child, Angel Musicians and the Commissioner; detail

Foto 5) Niccolò di Pietro, in Venedig nachgewiesen von 1394 bis 1427; die Jungfrau Maria auf dem Thron mit Kind, musizierende Engel und Auftraggeber; Ausschnitt

photo 6) Lorenzo Veneziano: Wedding of Saint Catherine; detail

Foto 6) Lorenzo Veneziano: die Vermählung der Hl. Katharina; Ausschnitt

photo 7) Stefano, Plebanus in Saint Agnes, active in Venice between 1369 and 1385. In Christian Latin, the term plebanus indicated a parish priest

Foto 7) Stefano, Plebanus di Sant’Agnese arbeitete von 1369 bis 1385 in Venedig; der Ausdruck plebanus weist im christlichen Latein auf den Pfarrer hin, d.h. den Inhaber der plebs, der Pfarrkirche

In der Krönung des Triptychons der Hl. Katharina sieht man deutlich, wie der Engel oben auf der mittleren Tafel mit der rechten Hand die Tasten eines Portativs, d.h. einer tragbaren Orgel, spielt. Die Hände der Engel an der Seite, hingegen, welche gut erkennbare Instrumente spielen, werden eher ungenau dargestellt. Bei Nicolò di Pietro können wir ein rechteckiges Psalterium sehen, welches links vom ersten der drei Engel gezupft wird, während der Engel in der Mitte ein Portativ spielt.

Bei Lorenzo Veneziano ist die spiegelartige Darstellung der Instrumente anzumerken: wir können zwei Trompeten am oberen Rand des Triptychons und zwei Psalterien weiter unten zu beiden Seiten der Mandorla (zentrale Mandelform) erkennen. Die Orgel im Vordergrund unten wird isoliert und somit betont, ähnlich wie die beiden Orgeln unterhalb der Krönung von Paolo Veneziano. Stefano Plebanus liefert uns sozusagen eine Summa von Instrumenten: von Tasten-, Zupf- und Streichinstrumenten sowie Bläsern, als ob er betonen wollte, dass dort oben im Himmel keines davon fehlen darf.

Nur weiter hinten im selben Saal bietet uns der MEISTER AUS CENEDA in einer zusätlichen Krönung der Jungfrau Maria und Auftraggeber eine amüsante, wenngleich unwahrscheinliche Architektur mit einer Vielzahl von Engeln. Diejenigen ohne Instrumente sind überall, während die Engel mit Instrumenten nur unten, nahe am Erdboden angesiedelt sind; man bemerkt außerdem, dass im Paradies, außer der Orgel, Saiteninstrumente bevorzugt werden, obwohl es auch ein rot betontes Tamburin gibt (Foto 8).

photo 8) Maestro di Ceneda, documented between 1439 and 1484. Detail of the Crowning (Ceneda, dating back to Roman times, is now part of the city of Vittorio Veneto)

Foto 8) Meister aus Ceneda, nachgewiesen von 1439 bis 1484, Ausschnitt der Krönung (der Ort Ceneda wurde in römischer Zeit gegründet und ist nun Teil von Vittorio Veneto)

In anderen Sälen mit weiteren Malern des 15. Jahrhunderts finden wir erneut die Begleitung der musizierenden Engel, wie z.B. bei Francesco da Tolmezzo aus dem Friaul (Foto 9) 1460-1465, Antonio Rosso aus dem Cadore (Foto 10) und Benaglio aus Treviso (Foto 11).

photo 9) Francesco da Tolmezzo: Madonna and Child with Angel Musicians, tempera on board 1490-1510

Foto 9) Francesco da Tolmezzo: Jungfrau Maria mit Kind und musizierenden Engeln, Tempera auf Holz, 1490-1510

photo 10) Antonio Rosso: Madonna and Child on a Throne with Angels, tempera on board, 1460-65; detail

Foto 10) Antonio Rosso: Jungfrau Maria auf dem Thron mit Kind und Engeln, Tempera auf Holz 1460-65; Ausschnitt

photo 11) Francesco Benaglio (attr.): Madonna on a Throne with Child and Four Saints 1475c. In the past, the painting was attributed to other authors, including Gentile Bellini

Foto 11) Francesco Benaglio (zugeschr.): Jungfrau Maria auf dem Thron mit Kind und vier Heiligen, ca. 1475. In der Vergangenheit wurde das Gemälde anderen Malern zugeschrieben, u.a. Gentile Bellini

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts finden wir nicht nur musizierende Engel auf den Gemälden dargestellt, sondern auch Personen, wie z.B. bei LAZZARO BASTIANI in der Übergabe der Reliquie des Heiligen Kreuzes an die Scuola San Giovanni Evangelista von 1494 (Foto 12), oder bei GENTILE BELLINI; beide Maler sind im Saal des Kreuzeszyklus‘ vertreten.

photo 12) Lazzaro Bastiani, canvas with lute in the foreground; detail

Foto 12) Lazzaro Bastiani: Übergabe der Reliquie des Heiligen Kreuzes. Leinwand mit einer schönen Laute im Vordergrund; Ausschnitt

Vom Beschauer aus links unten stellt Gentile in der Prozession auf dem Markusplatz von 1496, drei Brüder mit einer Rebek und einer Laute dar (Foto 13) und rechts die Musiker des Dogen mit ihren Posaunen (Foto 14); im Wunder des in den Kanal von S. Lorenzo gefallenen Kreuzes von 1500 zeigt uns der Künstler über dem zentralen Brückenbogen zwei Brüder mit Saiteninstrumenten, wobei das größere eine Laute ist (Foto 15).

photo 13) Gentile Bellini: Procession in St. Mark’s Square, detail; the three brothers on the far left of the painting are rigorously dressed in white. The rebec, an instrument once obtained from a single piece of wood, is no longer used except for philological executions

Foto 13) Gentile Bellini: Prozession auf dem Markusplatz; Ausschnitt. Die drei Brüder ganz links mit ihren Instrumenten sind streng in weiß gekleidet; die Rebek, ursprünglich aus einem einzigen Stück Holz hergestellt, wird heute nur noch für philologische Aufführungen genutzt

photo 14) Gentile Bellini: pipes during the Procession; detail

Foto 14) Gentile Bellini: die Posaunen in der Prozession; Ausschnitt

photo 15) Gentile Bellini: Miracle of the Cross, detail; of the two instruments held by the brothers, the large lute (more visible due to its size) is over the central bridge arch

Foto 15) Gentile Bellini: das Wunder des Heiligen Kreuzes; Ausschnitt. Von den Instrumenten der beiden Brüder ist die größere und damit auch sichtbarere Laute über dem mittleren Brückenbogen dargestellt

Diese Darstellungen zeigen klar auf, dass die Musik nunmehr Prozessionen und große religiöse Veranstaltungen jener Zeit begleitete und nicht mehr lediglich Festmahle, Feiern und Messeveranstaltungen.

Engel und Musikinstrumente um das 16. Jahrhundert

Dank einer detaillierteren und präziseren Darstellung der Wirklichkeit zeigen die Musikinstrumente in den Gemälden des 16. Jahrhunderts genaue Details auf und die Experten sind in der Lage, die gespielten Noten zu erkennen.

Im zweiten Saal der Gallerie sehen wir – stets in Gegenwart der musizierenden Engel – dass die Instrumente nicht mehr in der oberen Hälfte des Gemäldes dargestellt sind, die den himmlischen Sphären entspricht, sondern unten und die Engel lassen sich gerne auf einer Stufe von Marias Thron nieder.

In der betonten Darstellung im Vordergrund erinnern die Instrumente an die Funktion der Musik, die in der Annäherung an die absolute Schönheit und Weisheit besteht und sich generell in der Schönheit des Gemäldes zeigt. Die Musik ist in der Tat eine der sieben freien Künste, um genau zu sein des Quadriviums (Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie).

Wir befinden uns noch immer im zweiten Saal der Accademia und stehen vor der Sacra Conversazione von GIOVANNI BELLINI von 1487 (Foto 16 und 17) und der Präsentation Jesu im Tempel von VITTORE CARPACCIO (Foto 18). Auf beiden Gemälden zeigt sich das bereits Gesagte: die Engel sitzen auf den Stufen des Thrones aber ihre Füße setzen auf derselben Erde wie die Füße der Heiligen auf.

photo 16) Giovanni Bellini: detail with angels, instruments and saints from the Sacred Conversation (also known as St. Job Altarpiece, as it used to be located in the Church dedicated to the Saint)

Foto 16) Giovanni Bellini: Ausschnitt mit Engeln, Instrumenten und Heiligen der Sacra Conversazione (Altartafel von San Giobbe genannt, weil sie sich in der dem Heiligen geweihten Kirche befand)

photo 17) an additional detail of the photo highlights the rebec and central lute, while the side lute is partially hidden by St. Dominic’s robe

Foto 17) ein weiterer Ausschnitt zeigt die Rebek und die Laute in der Mitte; die Laute an der Seite wird hingegen leicht vom Gewand des Hl. Dominikus verdeckt

photo 18) Carpaccio: detail of the crumhorn and lute in the Presentation of Jesus in the Temple painted in 1510; the term crumhorn derives from the German krumm Horn = bent horn

Fot 18) Carpaccio: Ausschnitt mit Krummhorn und Laute aus der Präsentation Jesu im Tempel von 1510

Giovanni ist nunmehr ein Renaissance-Mensch geworden, nicht nur wegen der Perspektive und wegen der Aufhebung der Polyptychon-Unterteilung, sondern auch wegen der Präzision in der Darstellung der Musikinstrumente. Diese können wir hier bewundern: die Rebek (auch Rubeba genannt) wird von dem wunderbaren blauen Engel gespielt, während die beiden anderen die Laute zupfen.

Nunmehr werden weniger Instrumente als auf den Vorgänger-Bildern dargestellt: es musizieren nicht mehr Engelschöre in Himmelssphären, sondern personifizierte Engel (manche immer noch mit Flügeln versehen), die damals übliche Instrumente spielen.

Analog dazu setzt Carpaccio in der Präsentation die Engel in den unteren Teil des Gemäldes; ihre Instrumente sind sehr interessant: vor allen Dingen das Krummhorn (Blasinstrument mit einer konischen Form am unteren Ende), und weiter rechts sehen wir eine Laute und eine “lira da braccio” (etwa Armlyra). Diese besitzt am Ende eine besondere herzförmige Form (Kavalier genannt), an der die Wirbel (auch sie herzförmig) angebracht sind, welche den Saiten ihre Spannung verleihen.

Im selben Saal zwei hängt ein CIMA DA CONEGLIANO mit Muttergottes und Kind auf dem Thron; im Vordergrund spielt der linke Engel eine lira da braccio und der rechte eine Laute (Foto 19).

photo 19) Cima da Conegliano: Madonna and Child on the Throne

Foto 19) Cima da Conegliano: Muttergottes auf dem Thron mit Kind

Bellini ist übrigens auch in einem anderen Saal der Gallerie vertreten, mit der Allegorie der Klugheit (Prudentia), die chronologisch vor der Sacra Conversazione in San Giobbe gemalt wurde und auf der zwei Putten dargestellt sind, eine mit Trompete und die andere mit einer Art Tamburin.

Da Carpaccio ein guter Erzähler ist, vermeidet er nicht die Musikinstrumente der Zeit zu zeigen, aber im Zyklus der Hl. Ursula sind sie dezentriert: auf der Leinwand der Rückkehr der Botschafter an den Hof des englischen Königs sieht man beispielsweise die Rebek (Foto 20) oder auf der Leinwand der Begegnung und des Aufbruchs der Verlobten Trompeten und Trommeln (Foto 21) links und die gesamte Gruppe der Trompeter rechts (Foto 22).

photo 20) Carpaccio: Return of the Ambassadors; detail of the rebec player located near the flagpole (Saint Ursula Cycle)

Foto 20) Vittore Carpaccio: auf der Rückkehr der Botschafter sehen wir nahe beim Standartenträger einen Rebek-Spieler; Ausschnitt (Zyklus der Hl. Ursula)

photo 21) Carpaccio: Meeting of the Betrothed and Departure for the Pilgrimage; detail of the instruments on the left of Ereus, Ursula’s blond fiancé and husband-to-be (Saint Ursula Cycle)

Foto 21) Vittore Carpaccio: Begegnung der Verlobten und Aufbruch zur Pilgerreise; Ausschnitt links von dem aufbrechenden Aetherius, der blonde Verlobte der Hl. Ursula (Zyklus der Hl. Ursula)

photo 22) Carpaccio: Meeting of the Betrothed and Departure for the Pilgrimage, detail of the group of trumpet players on the staircase on the right-hand side of the flagpole (Saint Ursula Cycle)

Foto 22) Vittore Carpaccio: nochmals die Begegnung der Verlobten und der Aufbruch zur Pilgerreise; Ausschnitt rechts der Standarte mit Gruppe von Trompetern auf der Treppe (Zyklus der Hl. Ursula)

In der Accademia hängen auch Werke aus der Mitte des Sechzehnten Jahrhunderts, die unser Thema betreffen, z.B. BONIFACIO DE‘ PITATI mit dem Mahl im Hause des reichen Prassers, wo die Mahlzeit von einem Terzett begleitet wird, einer Lautenspielerin, einem Gamben-Spieler und einem nur teilweise sichtbaren Flötisten (Foto 23). Bonifacio unterlässt es nie, in seine Gemälde Instrumente hineinzusetzen, wie in Christus und Heilige von 1530 (Foto 24) und in Salomon und die Königin Saba (Foto 25).

photo 23) Bonifacio de’ Pitati 1540-50: Dives and Lazarus; detail

Foto 23) Bonifacio de’ Pitati 1540-50: Mahl im Hause des reichen Prassers; Ausschnitt

photo 24) Bonifacio de’ Pitati: Christ and Saints; detail of the angel tuning the lute

Foto 24) Bonifacio de’ Pitati: Christus und Heilige; Ausschnitt mit einem die Laute stimmenden Engelchen

photo 25) Bonifacio de’ Pitati: Solomon and the Queen of Sheba; detail

Foto 25) Bonifacio de’ Pitati: Salomon und die Königin Saba; Ausschnitt

1575 wird PAOLO VERONESE das Thema der Vermählung der Hl. Katharina wieder aufnehmen und bildet mit der Diagonale, die links unten von der Gambe auf dem Fußboden ausgeht und über zwei Sänger zu den Lautenspielern aufsteigt, einen wunderbaren Wasserfall von Engeln und Instrumenten (Foto 26).

photo 26) Veronese 1575 c.: The Wedding of Saint Catherine; detail

Foto 26) Paolo Veronese 1575 ca.: die Vermählung der Hl. Katharina; Ausschnitt

Andere Werke von ihm stellen eingehend die musizierenden Engel dar, wie z.B. das Gemälde der Schlacht von Lepanto oder Mariae Himmelfahrt (Foto 27). Beide hängen heute im Veronese gewidmeten Saal, der, neu eingerichtet, im August 2019 eingeweiht wurde.

photo 27) Veronese and workshop: Assumption of the Virgin; detail

Foto 27) Paolo Veronese und Werkstatt: Mariae Himmelfahrt; Ausschnitt

… und ein Saal fuer das 17. Jahrhundert?

Seit Jahren wird die Öffnung eines Saales des Siebzehnten Jahrhunderts erwartet, wo ein Großteil der Werke jenes Jahrhunderts ausgestellt werden sollen. Die partielle Finanzierung zur Einrichtung desselben wurde vor Kurzem verabschiedet, d.h. es besteht Grund zur Hoffnung.

Als Symbol der Intensität mit der das Siebzehnte Jahrhundert die Musik gelebt und dargestellt hat, kann man in der Zwischenzeit ein schönes Gemälde von MATTIA PRETI mit dem blinden Homer bewundern, der völlig von den Tönen fasziniert ist, die er selbst spielt (Foto 28).

photo 28) Mattia Preti: Homer

Foto 28) Mattia Preti: Homer

Musizierende Engel im 18. Jahrhundert

Völlig anders werden die musizierenden Engel von den Malern des Achtzehnten Jahrhunderts dargestellt, von MATTIA BORTOLONI (Foto 29), von JACOPO GUARANA, oder GIAMBATTISTA TIEPOLO (wie in der Pietà-Kirche oder an anderen Orten der Stadt). In der Accademia haben wir Tiepolos Glorie des Hl. Dominikus von 1723 (Foto 30) und einen seiner Entwürfe für die Decke der Scalzi-Kirche (Kirche der Unbeschuhten Karmeliten), das Wunder des Heiligen Hauses von Loreto von ca. 1743 (Foto 31).

photo 29) Mattia Bortoloni 1729 c.: the Glory of Saint Cajetan, accompanied by a lute located in an interesting position from the point of view of the composition; detail

Foto 29) Mattia Bortoloni ca.1729: die Glorie des Hl. Kajetan, begleitet von der Laute in einer interessanten Position; Ausschnitt

photo 30) Tiepolo: Saint Dominic in glory, oil sketch 1723; detail

Foto 30) Giambattista Tiepolo: die Glorie des Hl. Dominikus, Entwurf 1723; Ausschnitt

photo 31) Tiepolo: Transportation of the Holy House to Loreto. In addition to highlighting the celebrations for the transportation of the House, musical instruments now have an important aesthetic function.

Foto 31) GiambattistaTiepolo: der Transport des Heiligen Hauses von Loreto; Entwurf. Außer der Betonung der Feierlichkeit bei der Begleitung des Hauses besitzen die Musikinstrumente nunmehr eine ästhetische Funktion

Man kann vielleicht sagen, dass außer der feierlichen Botschaft bezüglich des behandelten Themas die langhalsigen Lauten, die Chitarronen und die Kontrabässe die herkömmliche Funktion der Palmen des Martyriums, der Alabarden, der Schwerter, der Dreizacke ersetzen oder intensivieren. Alle sind in ihrer Eigenart längliche und choreographisch wirksame Kompositionsmotive.

Wertvolle Musikinstrumente zur Zeit in Venedig ausgestellt

In Venedig gibt es nicht nur Musikinstrumente, die in der Stadt selbst, sondern auch solche anderer Herkunft, die ab dem Sechzehnten Jahrhundert gebaut wurden. Sie werden in den Museen der Stadt wie der Querini Stampalia-Stiftung, dem Musikinstrumenten-Museum des Conservatorio B. Marcello, dem Vivaldi-Museum (ViVe) in der Pietà und in weiteren, nicht venezianischen Sammlungen ausgestellt, wie z.B. dem Musikmuseum Artemio Versari in der Kirche San Maurizio und in der Kirche San Giacometto.

In einigen Fällen ist die Sammlung schulbezogen, wie in der Pietà, wo alle Instrumente von den putte, d.h. den Mädchen, gespielt wurden, sowohl zum Üben als auch für Konzerte. In anderen Fällen enthalten sie Schenkungen, wie im Correr-Museum und im Conservatorio. An anderen Orten wurden sie von den Familien über Jahrhunderte gesammelt, wie in der Querini-Stiftung.

Es scheint jedoch, dass nur im Correr-Museum eine Orgel aus dem Mittelalter existiert, die, wenngleich in schlechtem Zustand, Pfeiffen aus Papier besitzt, und die – auch aufgrund ihrer Einzigartigkeit – gerettet und restauriert werden müsste; andere venezianische Instrumente aus dem Mittelalter wurden bisher nicht aufgefunden.

Musikinstrumente in Gemälden in Venedig und nicht nur dort

Gemälde mit Musikinstrumenten sind in den Kirchen über die gesamte Stadt und auf den Inseln verteilt (z.B. in den Gesuiti, Frari, San Zaccaria, San Pietro Martire in Murano usw.), in Bruderschaften – die in Venedig Schulen genannt werden – (z.B. in der Scuola San Giorgio degli Schiavoni und der Scuola San Marco), wie auch in den kleinen Kapellen, Oratorien genannt (z.B. Crociferi).

Die Universalität der Musik zeigt sich auch aus geographischer Sicht darin, dass solche Gemälde in ganz Venetien (Vicenza, Treviso, Conegliano usw.) und in der ganzen Welt existieren. In Europa z.B. befinden sie sich in Mailand (im Musikinstrumenten-Museum der Sforza-Burg und in der Brera-Galerie), in London (im Victoria and Albert Museum), in Brüssel (im Conservatoire Royal de Musique), und in Paris (im Louvre und im Musikinstrumenten-Museum).

Schluss

In Venedig zeugen die gemalten Musikinstrumente von der Wichtigkeit, die die Maler und ihre Auftraggeber – über Jahrhunderte – der Musik beimaßen, und selbst die im Laufe der Geschichte erlittenen Verluste können daran nichts ändern: die mit Kriegsbeute verbundenen Raubzüge, Ortsveränderungen, Verkauf, Brände und anderes mehr. Unsere Gallerie der Accademia bieten eine einzigartige beispielhafte und konzentrierte Sammlung von Gemälden mit Instrumenten aus unterschiedlichen Epochen und sozialen Schichten, die all jenen, die ihre Schönheit beim Besuch genießen wollen, zur Verfügung stehen.

Loredana Giacomini
loredanagiacomini@gmail.com
www.bestveniceguides.it

 

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